Fortpflanzung
Im Vergleich zu anderen Nagern, aber auch zu anderen Säugetieren, weist der Biber eine sehr niedrige Fortpflanzungsrate auf. In einer Biberfamilie gibt es stets nur ein fertiles Weibchen. Die Biber investieren in relativ wenige Nachkommen viel Energie für die Aufzucht und die Jungen bleiben vergleichsweise lange (zwei Jahre) bei den Eltern. Eine so lange Mutterbindung findet man bei uns sonst nur noch beim Braunbär. Die Geschlechtsreife tritt bei den Weibchen des Europäischen Bibers normalerweise mit 30 Monaten ein. Demzufolge gebären die meisten Weibchen frühestens im Alter von 3 Jahren das erste Mal. Die Männchen können dagegen schon mit 1,5 Jahren geschlechtsreif werden.
Die Paarungszeit beginnt im Jänner und erstreckt sich in unseren Breiten in der Regel bis März. Die eigentliche Paarung findet meist nachts im oder unter Wasser statt, wobei das Männchen das schwimmende Weibchen seitlich von unten umklammert. Also die Paarung erfolgt bäuchlings im Wasser, was für Säugetiere äußerst ungewöhnlich ist.
Nach einer Tragzeit von 105 bis 107 Tagen kommt es, je nach Paarungszeitpunkt, von April bis Juni zur Geburt. Es werden 1 bis 4 Jungtiere geboren. Die Jungen kommen sehend, behaart und mit einem Gewicht von 500 bis 700 g zur Welt. Die Gesamtlänge liegt bei 30 bis 35 cm.
Milch ist in den ersten Lebenstagen die einzige Nahrung der jungen Biber. Bereits in ihrer zweiten Lebenswoche beginnen die Jungbiber an Pflanzen herumzuknabbern, die von ihren Eltern oder den älteren Geschwistern in den Bau gebracht werden. Ab einem Alter von etwa 3 Wochen stellen Kräuter und Blätter bereits die Hauptnahrung dar. Um diese effektiv verdauen zu können, nehmen sie von ihren Eltern Blindarmkot mit den entsprechenden Bakterien auf. Gelingt es den Kleinen nicht, ihren Verdauungsapparat mit den notwendigen Bakterien zu infizieren, können Entwicklungsstörungen bis hin zum Tod die Folge sein.
Auch wenn die Biber vom ersten Tag an schwimmen können, bleiben sie 4 bis 5 Wochen im Bau. Allerdings versuchen sie bereits in dieser Zeit ihre Schwimmfertigkeiten im Wasserbereich des Baus zu verbessern. Da die Öldrüsen der Jungen erst mit 4 Wochen zu funktionieren beginnen, ist das Fell vorher nicht wasserabweisend und wird deshalb von den Eltern eingefettet. Tauchen können die Jungen anfangs nicht, denn dazu sind sie noch zu leicht und sie beherrschen auch die Technik noch nicht. Erst mit etwa 2 Monaten können sie dann richtig tauchen. Bei den ersten Ausflügen bleiben sie sehr nahe bei ihren Eltern und flüchten sich immer wieder auf deren Rücken. Die Eltern- Kind- Beziehung ist sehr stark ausgeprägt.
Während des gesamten ersten Jahres werden die Jungen von den Eltern und den älteren Geschwistern umsorgt. Sie werden rund um die Uhr beaufsichtigt. In freier Wildbahn lässt sich auch beobachten, wie ältere Biber die wenige Wochen alten Jungtiere quer ins Maul nehmen und damit zurück in den Bau tauchen. Mit etwa 12 Monaten ist das Gebiss vollständig entwickelt. Dann können die Jungbiber auch stärkere Äste durchnagen oder Bäume fällen und haben eine gewisse Selbstständigkeit erreicht.
Lebenserwartung und Todesursachen
Biber gehören zu den langlebigsten Nagetieren weltweit. Der natürliche Alterstod tritt in der Regel mit 12 bis 14 Jahren ein. Da jedoch auch andere Todesursachen greifen, liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei 8,1 Jahren. An der Elbe wurde der nachweislich älteste Biber 21 Jahre alt. In Menschenhand wurde ein Biber sogar 35 Jahre alt.
Neben dem Alterstod kommen beim Biber eine Vielzahl weitere Todesursachen allgemein in Betracht. Trotz familiärer Fürsorge sind die ersten zwei Jahre für einen Jungbiber sehr hart. 50 bis 75 Prozent der Jungen überstehen die ersten beiden Lebensjahre nicht, wobei hier die Darminfektion als zahlreichste Todesursache zu nennen ist.
In Österreich sind 31,6 % der untersuchten Todesfälle auf Krankheiten zurückzuführen. Da entlang vieler Fließgewässer Straßen und Wege führen, ist es nicht überraschend das Verkehrsunfälle mit 46,6 % zu häufigsten Todesursachen zählt. Durch Erschlagen, Erschießen, Vergiftungen sowie Fallen kommen immerhin noch 10 % der Biber um und auf Bissverletzungen entfallen 11,8 %. So sozial und fürsorglich die Biber innerhalb der Familie miteinander umgehen, so heftig verfahren sie mit fremden Artgenossen. Bei Revierkämpfen kommt es oft zu erheblichen Bisswunden. Diese führen normalerweise selbst nicht zum Tode, sie infizieren sich jedoch sehr leicht. Diese Infektionen stellen dann die eigentliche Todesursache dar. Speziell Frühjahrshochwässer sind eine Gefahr für junge Biber, aber auch für erwachsene Biber ist ein Hochwasser stehts eine Gefahr, besonders im Winter, wenn sie von ihren Reserven leben.
In Biberpopulationen mit geringer Dichte sind Krankheiten und Bissverletzungen in der Regel gering. Nimmt die Besiedlungsdichte mit der Zeit zu, kann es jedoch erheblichen Veränderungen von Gesundheitszustand und Konstitution kommen. Innerartlicher Stress durch Revierkämpfe, Nahrungsmangel schwächt die Biber, zudem geht bei einer hohen Populationsdichte die Übertragung der Parasiten und Infektionen wesentlich schneller vonstatten. Da infizierte Bisswunden am Biberkörper und Krankheiten in der Natur kaum ausheilen und deshalb zum Tode führen, stellen sie einen Hauptfaktor der innerartlichen Selbstregulation der Biberpopulation dar.
Natürliche Feinde haben bei uns eigentlich nur die Jungbiber. Hier sind große Greifvögel, wie Seeadler, Uhu, große Raubfische, wie Hecht oder Wels, sowie die Raubsäuger Mink und Fuchs zu nennen.
Literatur ZAHNER, SCHMIDBAUER, SCHWAB (2005): Die Rückkehr der Burgherren; Kunstverlag Oberpfalz